Mind Wandering: Was tun, wenn die Gedanken abschweifen

Verfasst von: Kerstin Lakits, 23.06.2022

Du sitzt am Schreibtisch, schreibst gerade eine Arbeit oder lernst für die nächste Prüfung und plötzlich sinnierst du über den Sinn des Lebens und was es heute zum Abendessen gibt. Kommt dir das bekannt vor? Abschweifende Gedanken, im Englischen Mind Wandering, ist ein alltägliches und für Studierende leidiges Phänomen. Warum wir das machen und was du dagegen tun kannst, erfährst du in diesem Artikel.

Was ist Mind Wandering?

Mind Wandering ist an sich nichts Schlechtes. Wenn unsere Gedanken nie aus den bekannten Bereichen ausbrechen und auf eine Reise gehen würden, wäre unser Leben langweilig, eintönig und nicht sehr kreativ.

Beim Mind Wandering spricht man von Gedankengängen, die nichts mit der momentanen Aufgabe zu tun haben. In der Neurowissenschaft bezeichnet man diese als nicht reizbezogene Gedanken.

Beispiel: Wenn du gerade an deiner Seminararbeit schreibst und dich plötzlich an die Geburtstagsfeier von deiner Freundin erinnerst. Deine Gedanken haben hier nichts mehr mit deiner Aufgabe zu tun, sie sind abgeschweift.

Ganz klassisch zählen das Grübeln, Tagträumen und sich Sorgen machen zum Mind Wandering. Jeder kennt es: Man lernt gerade fokussiert für die anstehende Prüfung und auf einmal schießen einem Gedanken wie „Was wäre, wenn…“ in den Kopf. Die Konzentration ist weg und das Gehirn verfolgt diesen neuen Gedankengang.

Ursachen

Der Grundzustand des Gehirns ist die Zerstreuung, nicht die Konzentration. Unsere Gedanken sind in der Regel willkürlich, unzusammenhängend und schnell. Wir können diese zwar teilweise bewusst steuern, jedoch gelingt uns das nicht 24/7.

Dieser Zustand lässt sich durch unsere Evolution erklären:

  • Als wir noch täglich tödlichen Gefahren wie Wildtieren etc. ausgesetzt waren, musste unser Gehirn stets auf der Hut sein und neue Gefahren entdecken.
  • Daher werden neue Reize und Informationen immer von unserem Gehirn auf ihr Gefahrenpotenzial abgecheckt.
  • Diese Suchfunktion hat uns am Leben erhalten, aber stört uns bei Tätigkeiten, bei denen wir nur auf eine Sache konzentriert sein wollen.

Besonders leicht und schnell springt unser Gehirn zu neuen Gedanken, wenn die Informationen neu und interessant sind. Gerade deshalb ist Tagträumen so verführerisch, denn diese Hirngespinste sind viel spannender als der Prüfungsstoff vor uns. Außerdem passiert Mind Wandering so schnell und automatisch, dass wir es oft erst bemerken, wenn wir schon mitten drinstecken.

Negative Auswirkungen

Das Mind Wandering hat besonders auf Aufgaben, die viel Konzentration und Aufmerksamkeit erfordern, negative Auswirkungen. Während es beim Lernen „nur“ stört, kann es in anderen Situationen (z.B. Auto fahren) schwerwiegende Konsequenzen haben.

  • Konzentration: Mind Wandering zerstört unsere Konzentration und es kostet uns viel Energie und Kraft diese wiederzuerlangen.
  • Motivation: Wenn wir dauernd rausgerissen werden und das Gefühl haben, nichts weiterzubringen, kann uns die Motivation schnell flöten gehen. Das ist ärgerlich und führt im schlimmsten Fall zu Prokrastination. Damit dir das nicht passiert, haben wir hier weitere allgemeine Tipps für Motivation im Studium.
  • Produktivität: Auch unser produktives Arbeiten leidet unter Mind Wandering, denn wir brauchen viel länger für unsere Aufgaben, arbeiten weniger effizient und liefern schlechtere Ergebnisse.
  • Zeitverlust: Wir verlieren sehr viel Zeit durchs Mind Wandering, da wir unsere Arbeit immer wieder unterbrechen und neu reinfinden müssen.
  • Leistungsverschlechterung: Letzten Endes führt Mind Wandering zu einer schlechteren Qualität unserer Arbeit: Deine Seminararbeit hat einige Schwachstellen, den Prüfungsstoff kannst du nicht 100%ig und in deiner Hausübung sind Fehler drinnen.
  • Geistige Kapazitäten: Es kostet unser Gehirn enorm viel Energie, die abschweifenden Gedanken zu unterbrechen und zur Aufgabe zurückzufinden. Das ist auf Dauer anstrengend und ermüdend.

Tipps gegen Mind Wandering: So bleibst du fokussiert

Gott sei Dank, gibt es ein paar Tipps und Tricks, um dein hyperaktives Gehirn einigermaßen im Zaum zu halten.

1. Akzeptanz

Diese ablenkenden Denkprozesse sind eine natürliche Funktion, die evolutionsbedingt unser Überleben gesichert hat. Daher können wir diese Angewohnheit auch nicht einfach so abschalten, immerhin hat sie uns über Jahrtausende geholfen. Außerdem leidet jeder Mensch darunter. Mach dich also nicht fertig und rege dich nicht über deine grauen Zellen auf.

2. Klare Ziele

Wenn du deinem Gehirn verklickern kannst, dass deine momentane Aufgabe unfassbar (überlebens-)wichtig und interessant ist, bekommt diese Arbeit eine höhere Priorität. Je höher der Wichtigkeitsgrad einer Information, desto eher bleibt dein Gehirn dabei. Setze dir daher klare, motivierende und positive Ziele. Am besten klappt das mit der SMART Methode!

3. Meditation

Studien haben gezeigt, dass Menschen, die viel meditieren, ihre Gedankengänge und vor allem abschweifende Gedanken besser kontrollieren können. Sie wissen ganz genau, wo ihr Fokus gerade ist und können ihn besser bei sich halten. Ähnlich wie beim Achtsamkeitstraining übst du beim Meditieren zur Ruhe zu kommen, dich auf eine Sache (meistens der Atem) zu konzentrieren und alles aus einer Beobachterperspektive zu betrachten. Falls du hierzu weitere Infos haben möchtest, findest du sie in unserem Blog Tipps fürs Meditieren!

4. Achtsamkeitstraining

Da Mind Wandering unbewusst und automatisch passiert, fällt es uns oft gar nicht auf. Das kannst du jedoch ändern. Beim Achtsamkeitstraining übst du dich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Das ist eine wertvolle Fähigkeit, besonders in unserer multitasking-orientierten, digitalen Gesellschaft. Für Achtsamkeitstraining findest du online massenhaft Inspiration und Information.

Die einfachste Übung, die du überall machen kannst, ist dich ganz bewusst auf deinen Atem zu konzentrieren. Beobachte, wie du ein- und ausatmest und wie sich das auf deinen Körper auswirkt. Sobald du bemerkst, dass deine Gedanken abschweifen, holst du die Aufmerksamkeit zum Atem zurück. Du wirst schnell merken, dass es weniger Unterbrechungen werden.

5. Geistiges Schutzschild

Abschweifende Gedanken sind plötzlich da und ziehen dich sofort von deiner Arbeit weg. Daher brauchst du eine schnelle und kraftvolle Abwehr. Bastle dir dafür ein geistiges Schutzschild. Such dir einen motivierenden und positiven Satz, den du dem Mind Wandering entgegenhalten kannst. Mit diesem Satz findest du wieder in deinen Arbeitsmodus.

6. Pausen

Je müder und erschöpfter dein Gehirn ist, desto schwieriger ist es, sich auf eine Aufgabe zu konzentrieren. Daher sind Lernpausen extrem wichtig, um deinem Gehirn einen Moment Entspannung zu gönnen, damit es danach wieder fokussiert arbeiten kann.

7. Ablenkungen und Reize reduzieren

Auch ohne Ablenkungen kann es passieren, dass deine Gedanken sich auf die Reise machen. Jedoch erhöht jede Ablenkung die Wahrscheinlichkeit, dass dein Gehirn eine interessantere und neuere Information findet. Deshalb solltest du potentielle Ablenkungen (z.B. Handy, Spielzeug, etc.) aus deinem Arbeitsbereich entfernen und störende Funktionen (z.B. Push-Benachrichtigungen) ausschalten.

FAQs

Was ist eine Mind Wandering Meditation?

Eine Mind Wandering Meditation hat einen speziellen Fokus auf Achtsamkeit und abschweifende Gedanken. Einerseits trainierst du deine Fähigkeit, abgedriftete Gedanken zu bemerken und deinen Fokus zurückzuholen und andererseits hast du im Rahmen der Meditation die Möglichkeit, deinen Gedanken einmal bewusst freien Lauf zu lassen.

Wie lerne ich konzentrierter und schweife nicht mit meinen Gedanken ab?

Entferne Ablenkungen aus deinem Lernbereich, setze dir motivierende Ziele und trainiere dein Gehirn mit Achtsamkeitstraining und Meditation.

Warum schweifen meine Gedanken ständig ab?

Es ist ganz normal, dass dein Gehirn immer nach neuen Informationen Ausschau hält. Das hat uns früher vor Raubtieren und anderen Gefahren beschützt. Heute empfinden wir dies vor allem während des Lernens und Arbeitens als störend. Es macht unser Leben aber auch interessant, spannend, kreativ und innovativ.

Mind Wandering ist manchmal nervig, aber völlig natürlich. Mit diesen Tipps gelingt es dir bestimmt, beim Lernen und konzentrierten Arbeiten die störenden und ablenkenden Gedanken besser auszublenden. Hier sind noch mehr Tipps für effektives Lernen! Damit bist du für die nächste Prüfungsphase bestens ausgestattet!

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